Der 5. Coburger Glaspreis will nach acht Jahren spannender Entwicklung wieder einen europäischen Gesamtüberblick über aktuelle Tendenzen und Entwicklungen der zeitgenössischen Kunst aus Glas aufzeigen und erneut eine Zwischenbilanz ziehen. Welche Gestaltungs- und Verarbeitungstechniken werden aktuell von den Künstlern verwendet? Welche inhaltlichen Themen dominieren und welche Bedeutung kommt dem Material Glas dabei zu?
Der Ausschreibung im März 2020 sind rund 400 internationale Künstlerinnen und Künstler gefolgt. Über 700 Objekte wurden zur Bewerbung eingereicht. Dabei handelt es sich ausschließlich um Unikate; Gebrauchsglas und Entwürfe für die Industrie waren nicht zugelassen. Die Bandbreite der verwendeten Techniken und der künstlerischen Gestaltung ist groß, ebenso die Vielfalt der künstlerischen Aussagen. Viele der eingereichten Arbeiten beschäftigen sich mit hochaktuellen gesellschaftlichen Fragen. Sie setzen sich mit gesellschaftlichen Spannungen und unseren zerbrechlichen Lebensgrundlagen auseinander. Neben künstlerischen Positionen zu Klimawandel und Nachhaltigkeit finden sich solche zu politischer Unterdrückung und zur Corona-Krise. Deutlich zeigt sich auch die Tendenz, Glas nicht nur als spezielles Material, sondern als bedeutungsreiches, vielschichtiges Medium zu nutzen.
Eine international besetzte, siebenköpfige Jury hat in einem mehrstufigen Verfahren Werke von 90 Künstlerinnen und Künstlern in die engere Auswahl genommen. Diese sind vom 10. April bis 25. September 2022 in der Veste Coburg und im Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental zu sehen. Am Vortag der Ausstellungseröffnung, dem 9. April 2022, findet die Preisverleihung statt. Neben drei Hauptpreisen werden weitere Sonderpreise verliehen, der 1. Preis ist mit € 15.000 dotiert.
Der Coburger Glaspreis wird einen besonderen Akzent im Internationalen Jahr des Glases 2022 setzen. Zur Ausstellung wird es ein speziell erarbeitetes Vermittlungsprogramm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene geben, das Glas als Material in der Kunst, in der Lebenswelt und auch als Bedeutungsträger thematisiert.
Rückblick:
Die Coburger Glaspreise 1977 bis 2014
1977 wurde in Coburg der erste offene Wettbewerb für Modernes Glas in Europa ausgerichtet. Damit betraten die Kunstsammlungen der Veste Coburg Neuland. Die überwältigende Resonanz auf den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb und die publikumsträchtige Ausstellung machten Coburg schlagartig zu einem Zentrum für moderne Kunst aus Glas. Nach der erfolgreichen Durchführung des 2. Coburger Glaspreises 1985 konnte für die stark gewachsene Sammlung im Jahr 1989 im Schlosspark Rosenau das Museum für Modernes Glas eingerichtet werden – seinerzeit das erste Museum in Mitteleuropa, das ausschließlich dem modernen Glas gewidmet war. Von zentraler Bedeutung waren die beiden Coburger Glaspreise für die osteuropäische Glaskunst, der in Coburg ein bis dahin nicht gekanntes Forum geboten wurde. Insbesondere viele ostdeutsche Künstler konnten erstmals im Westen ausstellen und kamen in Kontakt mit anderen europäischen Künstlern und deren Werken.
Mit dem 3. Coburger Glaspreis 2006 blickte einmal mehr die europäische Glasszene nach Coburg. Nach längerer Pause setzten Wettbewerb und Ausstellung international wichtige Impulse. In der Folge errichtete eine von dem Coburger Unternehmer und Kunstmäzen Otto Waldrich gegründete und von ihm finanziell wesentlich ausgestattete Stiftung im Schlosspark Rosenau einen Neubau für die stark gewachsene moderne Coburger Glassammlung. Das Europäische Museum für Modernes Glas wurde im Herbst 2008 feierlich eröffnet.
Der 4. Coburger Glaspreis wurde 2014 in Verbindung mit der Alexander Tutsek-Stiftung ausgerichtet und präsentierte sich erstmals an zwei Standorten: auf der Veste Coburg und dem Europäischen Museum für Modernes Glas in Rödental. Gezeigt wurden 170 Arbeiten von 150 Künstlern aus 26 Nationen, die aus einem Pool von 550 Künstlern, die sich mit über 1.000 Werken beworben hatten, von einer internationalen Jury ausgewählt wurden. Dabei war die Bandbreite der eingesetzten Techniken und Materialien, der künstlerischen und inhaltlichen Konzepte und die Vielfalt der verwendeten Medien so groß wie nie. Gut 25.000 Besucher machten die Ausstellung zu einem großen Publikumserfolg.
Auch in den letzten Jahren hat sich die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Werkstoff Glas weiter verändert. Durch eine gestiegene Mobilität verlieren sich nationale Grenzen und Besonderheiten und Europa ist für viele Künstler aus Asien und Amerika zur neuen Heimat geworden. Insbesondere die auf ein internationales Publikum ausgerichteten Akademien und Hochschulen in Europa ziehen angehende Künstler aus der ganzen Welt an. Einen Schwerpunkt bilden übergreifende künstlerische Konzepte zu gesellschaftsrelevanten Themen. Neue Herstellungs- und Bearbeitungstechniken, der umfangreiche Einsatz von Bildmedien und Sound sowie die Kombination von Glas mit anderen Materialien ermöglichen neue Lösungen zur Umsetzung künstlerischer Ideen. Das Material Glas hat in der Kunst in den letzten Jahren weiterhin viel Aufmerksamkeit erzielen können.
Der Coburger Glaspreis – Online-Vortrag vom 19. Januar 2022
Der Vortrag von Dr. Sven Hauschke bietet einen Einblick in den internationalen Wettbewerb. Er stellt Tendenzen der aktuellen Kunst aus Glas vor und ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellungsvorbereitung.
Coburger Glaspreis – Die Ausstellung
10. April bis 25. September 2022
Veste Coburg und Europäisches Museum für Modernes Glas
2014
Wettbewerb
- 443 Künstler
- 1148 Werke
Ausstellung
- 170 Künstler
- 150 Werke
- 26 Länder
1. Preis
Karen Lise Krabbe, Dänemark
2. Preis
Jeff Zimmer, USA, lebt in Edinburgh
3. Preis
Sylvie Vandenhoucke, Belgien
Alexander Tutsek-Preis für Senior Artists, ab 45 Jahre
Colin Reid, Großbritannien
Preis der Alexander Tutsek-Stiftung
Shige Fujishiro, Japan, lebt in Deutschland
Otto Waldrich-Preis für junge Künstler, bis 35 Jahre
Anna Mlasowsky, Deutschland, lebt in den USA
Dan Klein Memorial Award
Jeehae Kim, Südkorea, lebt in Frankreich
Sonderpreis der Jury
Maria Bang Espersen, Dänemark
László Lukácsi, Ungarn
Alena Matějka, Tschechische Republik
René Roubíček, Tschechische Republik
Publikumspreis
László Lukácsi, Ungarn
2006
Wettbewerb
- 485 Künstler
- 1200 Werke
Ausstellung
- 173 Künstler
- 236 Werke
- 24 Länder
1. Preis
Josepha Gasch-Muche, *1944 Deutschland
2. Preis
Udo Zembok, *1951 Deutschland, lebt in Frankreich
3. Preis
Zora Palová, *1947 Slowakei
Otto Waldrich-Preis
Jens Gussek, *1964 Deutschland
Barbara Koppelstätter-Preis für junge Künstler
Lada Semecká, *1973 Tschechische Republik
Ellen Urselmann, *1978 Niederlande
Preis für Gravur, gestiftet von der Kurt Merker GmbH
Gareth Noel Williams, *1970 Großbritannien, lebt in den Niederlanden
Preis der Alexander Tutsek-Stiftung
Wilken Skurk, *1966 Deutschland
1985
Wettbewerb
- 636 Künstler
- 4000 Werke
Ausstellung
- 233 Künstler
- 564 Werke
- 20 Länder
1. Preis
Erwin Eisch, *1927, †2022 Deutschland
2. Preis
Bertil Vallien, *1938 Schweden
3. Preis
Johannes Hewel, *1947, †2009 Deutschland
Diana Hobson, *1943 Großbritannien
Jaromír Rybák, *1951 Tschechische Republik
16 Sonderpreise
1977
Wettbewerb
- 260 Künstler
- 1200 Werke
Ausstellung
- 196 Künstler
- 531 Werke
- 19 Länder
1. Preis
Ann Wärff (Ann Wolff), *1937 Deutschland, lebt in Schweden
2. Preis
Bert van Loo, *1946, †2016 Niederlande
3. Preis
Raoul Goldoni, *1919, †1983 Jugoslawien
Willem Heesen, *1925, †2007 Niederlande
Pavel Hlava, *1924, †2003 Tschechische Republik